Selbstprojektion als Vorgesetzter - Vorsicht "Halo- Effekt"

Einerseits ist der Anspruch an die Au­then­ti­zi­tät (Syn. "Echtheit", Duden 2015) von Führungspersonen generell ein sehr Hoher, denn Führungspersonen welche stetig deren Rolle wechseln und dadurch für die Mitarbeitenden intransparent werden geniessen meist kein Vertrauen wodurch deren Autorität stark leidet.

Andersrum kann eine übereifernde Autentizität dazu führen, dass Führungspersonen persönliche Anforderungen an sich selbst (teilweise nicht ein Mal aus dem beruflichen Umfeld) auf deren Mitarbeiter projezieren und diese damit unmerklich massiv überfordern. In diesem Moment sprechen wir vom "Halo- Effekt", welcher ebenso gravierende Folgen haben kann, wie eine zu geringe Authentizität.

 

In Fachartikeln wird der Halo- Effekt wie folgt beschrieben: "Unter dem Effekt wird die Tendenz verstanden, faktisch unabhängige oder nur mäßig korrelierende Eigenschaften von Personen oder Sachen fälschlicherweise als zusammenhängend wahrzunehmen."

(Quelle: Manfred Schmitt, Schönheit und Talent: Untersuchungen zum Verschwinden des Halo-Effekts, Zeitschrift für experimentelle und angewandte Psychologie 1992, 475-492, 493)

 

Der Halo- Effekt ist einerseits als physiologische- sowie auch als psychologische Komponente ein Begriff.

Mehrere unabhängige Studien haben ergeben, dass beispielsweise Menschen welche dem idealen Schönheitsbild der jeweiligen Gesellschaft ähnlich sehen bessere Chancen auf einen Job haben, als Menschen welche mindestens gleich gut qualifiziert wären, dem Schönheitsideal jedoch ferner sind.

Dieselbe Entwicklung ist dahingehend Feststellbar, dass wir Menschen welche uns selbst ähnlich sind (psychisch oder physisch) als sympathischer empfinden gegenüber anderen, selbst wenn es kein direktes Indiz dafür gibt.

 

Da wir in Gesellschaften und Gruppen grundsätzlich nach Harmonie und Sympathie einander gegenüber streben (man geht davon aus, dass diese Eigenschaft aus der evolutionären Entwicklung menschlicher Gesellschaften stammt) kommt es nicht selten vor, dass in Leistungsgesellschaften (z.B. Arbeitsteams) Personen deren eigenen Ideale und Eigenschaften auf andere projizieren, um eine vermeidliche Harmonie zu schaffen.

Auch dies ist eine Funktion des Halo- Effektes, jedoch ergänzt mit weiteren kognitiven Verzerrungen wie z.B. dem asscosiation Bias.

Werden die eigenen Ideale und Eigenschaften auf eine Person im Alltagsumfeld projiziert, welche diese erwidert und damit das Sympathieempfinden des Absenders steigert, werden scheinbar vorhandene Eigenschaften der Zielperson (eben die projizierten Eigenschaften) an die in diesem Moment entstehenden Erfahrungen geknüpft, was zu einer zunehmend verzerrten Wahrnehmung einander gegenüber führt.

Wird dieser Prozess in dem Moment nicht unterbrochen, entsteht ein Progressiveffekt welcher fatale Folgen für die betroffenen Personen oder für das gesamte soziale System in welchem sich die betroffenen befinden nach sich ziehen kann.

 

Dabei ist die Vermeidung einer solchen Entwicklung keineswegs mit grossen Aufwänden oder Investitionen verbunden.

Sobald die Personen welche in ein soziales System involviert sind (z.B. eine Arbeitsgruppe oder ein Team) die Persönlichkeitseigenschaften ihrer Kolleginnen und Kollegen nur geringfügig kennen, fällt eine Entwicklung welche durch die Projizierung von fremden Idealen auf eine Person befeuert wird unverzüglich auf.

Hierzu bietet sich ein regelmässiger Austausch (meist sind dafür wenige Minuten bereits ausreichend) innerhalb der sozialen Systeme an, in welcher Erwartungshaltungen von Anspruchsgruppen wie z.B. Vorgesetzten Stellen oder nachgelagerten Prozessen, ergründet und mit den Idealen und Prinzipien der jeweiligen betroffenen Arbeitskräften verglichen werden.

Entsteht hier eine Diskrepanz indem z.B. ein Vorgesetzter die Quantität der Arbeit seiner Angestellten (durch z.B. veränderte Erwartungshaltungen der Stakeholder des Unternehmens) über die Qualität stellt, sein Team aber mehrheitlich aus perfektionistischen Persönlichkeiten (sog. completer, siehe Teamrollen nach Meredith Belbin) besteht, ist diese unmittelbar durch die Reflektion von Arbeitssituationen erkennbar es lassen sich Massnahmen zur Verbesserung ableiten, noch bevor es zu einem (wie oben beschriebenen) Progressiveffekt kommt.

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